Stellungnahme (Teil 2)
Leitbilder und Ziele
Stadtentwicklungsplan Bad Aibling
Bund Naturschutz in Bayern:
Anita Fuchs, Dipl. Biologin
Umweltgruppe Bad Aibling:
Heidi Benda, Stadträtin
Katharina Dietel, Dipl. Biologin
Franz Katzmair, Gärtnermeister
Frank Kienzle, Dipl. Ing. Landespflege
Max Leuprecht, Dipl. Ing. Landschaftsarchitektur
Wolfgang Ritz, Dipl. Ing. Landschaftsarchitektur
Babara Uhlig-Kukla, Dipl. Ing. Landespflege
E-Mail: dfuchs@bnro.de
November 1999
Neue Mobilität kontra Kfz-Verkehr
Aiblinger Autoverkehr ist zu einem großen Teil hausgemacht.
Der Effekt der Südumgehung wird deshalb nach Aussage der Experten schon
bald wieder aufgebraucht sein. Erstens nimmt Kfz-Verkehr allgemein noch immer
ständig zu und zweitens wird Binnen- und Ziel/Quellverkehr die Lücken
des umgeleiteten Durchgangsverkehrs schnell nutzen und auffüllen.
Ein guter Beleg für den Satz: Neue Straßen produzieren mehr Verkehr.
Die anvisierten Leitbilder der Bad Aiblinger Stadtentwicklung lassen sich
nur umsetzen, wenn Mobilität grundsätzlich neu konzipiert und
organisiert wird - zugunsten der Fußgänger, Radfahrer und des
ÖPNV.
Der ÖPNV muss attraktiv sein, um mit dem bequemen, komfortabel
ausgestatteten, vor dem Haus wartenden Auto konkurrieren zu können, d.h.
u.a. kurze Takte und gut erreichbare Haltestellen sind Voraussetzung für
dessen Erfolg.
Straßenneubau (Nordtangente) ist kein geeignetes Mittel zur
Verkehrsberuhigung!
Wir befürworten vielmehr als Maßnahmen zur Förderung der
"Neuen Mobilität" - zur nachhaltigen und zukunftsträchtigen
Lösung der Verkehrsprobleme im Sinn der Agenda 21:
- Einrichtung eines Stadtbusbetriebes;
- Unterstützung des RoRegio-Konzeptes;
- gute Verbindungen in die Aiblinger Dörfer und gute Umland-Anbindung
(siehe auch Fahrplanstreichungen in Berbling, "Berblinger wollen ihren Bus
zurück");
- Tempo 30 im gesamten Stadtgebiet (einfach, schnell umsetzbar, wirksam,
kostengünstig!);
- Die differenzierte Umgestaltung der Staßenräume - angepaßt
an die jeweilige Situation und Funktion. Es soll durch Gestaltung und Ausbau
zum Ausdruck kommen, dass alle Verkehrsteilnehmer grundsätzlich
gleichberechtigt sind und in einigen Bereichen der Innenstadt
Fußgänger auch bevorrechtigt werden.
Mögliche Einzelmaßnahmen: Fahrbahnverengung,
Radfahrer-Sicherheitszonen, abgeflachte Gehwege, Oberflächengestaltung,
vielgliedriges Relief, Bäume, Inseln, mehr und besser gestaltete
Überwege, Kreisel, Einbahnstraßen etc.
Die Hauptstraßen bieten kaum sichere Übergangsmöglichkeiten.
Wohngebiete werden dadurch voneinander abgeschnitten - soziale Kontakte
erschwert.
- Das Fuß- und Radwegnetz muss aktiviert, ergänzt, ausgebaut oder
vervollständigt werden, als ein wichtiger Bereich der lebens- und
liebenswerten Stadt. Besonders Schulen, Kindergärten, öffentliche
Gebäude und Plätze, der Bahnhof, das Stadtzentrum müssen
gefahrlos erreichbar sein. Geschickte Wegführung, Durchgängigkeit,
Sicherheit und ansprechende Gestaltung sind dabei wesentlich.
- In den einzelnen Stadtteilen sollte der Grundbedarf des täglichen
Lebens, vor allem frische Lebensmittel, erhältlich sein, um durch kurze
Wege(!) Verkehr zu vermeiden.
Auch Gewerbegebiete gehören u.a. deswegen nicht auf die grüne Wiese,
weil sie dort ohne Auto nicht erreichbar sind.
Es geht nicht darum Autos aus der Stadt zu verbannen -wir alle benutzen
schließlich Autos-, vielmehr geht es darum, bei der Neukonzeption die
schwächeren Verkehrsteilnehmer sehr viel mehr in den Mittelpunkt der
Planungen zu rücken. Wir erinnern hier auch daran, dass Bad Aibling
Schulzentrum ist und außerdem viele behinderte Menschen aus den Kliniken
sowie alte Menschen aus mehreren Altersheimen unterwegs sind.
Der Autoverkehr sollte auch im Interesse dieser großen Gruppen nicht
länger als Fokus und Primat der Verkehrsplanung behandelt werden!
Wenn Kinder ihre Wege aufgrund der gefährlichen Straßen nicht
selbständig bewältigen können und deshalb von den Eltern mit dem
Auto gefahren werden müssen, dann ist dies ein Beispiel für das sich
selbst verstärkende Verkehrsproblem.
Der Bau einer Nordtangente würde die Verkehrsprobleme Aiblings nicht
lösen, sondern hätte u. E. vielmehr folgende gravierenden
Auswirkungen:
- Zerstörung der Landschaft an der Glonn, um Mietraching, Holzhausen,
Heimatsberg, Ellmosen und Zell;
- (Zer)störung wichtiger Naturschutzrefugien zum Schutz bedrohter
Pflanzen- und Tierarten;
- Zerschneidung und Entwertung eines wunderbaren Naherholungsgebietes;
- weitestgehende Beanspruchung und Bindung der städtischen Finanzen
wiederum nur für Straßenbau und zum Nachteil für die "Neue
Mobilität";
- Siedlungs- und Erschließungsdruck auf den Aiblinger Norden - wohin,
wie viel soll Bad Aibling noch wachsen?!
- Bad Aibling als künftiges Mittelzentrum der Region würde die
Menschen aus dem Umland über seine Umgehungsstraßen
"ableiten", statt sie anzuziehen (damit verbundener Verkehr muss
vernünftig organisiert und gelenkt werden).
Zum Thema Siedlungs- und Bevölkerungsentwicklung sei an die Analyse und
Bewertung von Prof. Pietrusky erinnert: "Mit einer um das Vierfache
stärkeren Einwohner- und Wohnbauflächenentwicklung gegenüber den
Zielformulierungen des Flächennutzungsplans von 1985 befindet sich die
Stadt Bad Aibling jenseits eines organischen Wachstums."
(Wachstumsrate 2,6% pro Jahr von 1987 bis 1997)
"Setzt sich das bisherige starke Wachstum fort und unterstellt man ein
mittlere Rate von 2,25%, würde die Stadt Bad Aibling im Jahr 2010 gut
5.000 Einwohner mehr haben als 1997.
Dies entspräche dem Umfang einer Kleinstadt ..."
Die wirkliche Entlastung vom Autoverkehr im gesamten Stadtgebiet kann nach
unserer Überzeugung nur durch den konsequenten Rückbau der einseitig
Kfz-orientierten Straßen, durch die Förderung des öffentlichen
Personennahverkehrs und den Ausbau des Wegenetzes gelingen.
Exkursion Ellmoser Drumlinfelder (8.8.99)
Station 1 a: Aussichtspunkt/Aussichtspavillion
Von Bad Aibling ist lediglich der Kirchturm zu sehen, eingebettet in einen
grünen Ortsrand; Sicht auf die Alpenkette, Birkenhölzl, Heimatsberg,
Ellmosen, Zell. Genau unterhalb würde die vorgeschlagene Ostumgehung
kreuzen.
- Geschlossene Ortsränder, klarer Übergang von der Stadt in die
agrarisch geprägte Landschaft
Blick vom Wasserspeicher auf Bad Aibling (SW)
Blick auf das Birkenhölzl, Drumlin von Heimatsberg, Aussiedlerhof
Blick auf Ellmosen, Drumlin von Heimatsberg (N, NO)
Blick auf Zell (SO)
Blick auf den Wendelstein, Baugebiet an der Pfarrer-Braun-Straße
Station 1: Nordumgehung/Variante 2
Anbindung an den Abzweig der Ortsumgehung nach Ellmosen
- Diese Variante führt direkt an der bestehenden Wohnbebauung vorbei, am
südlichen Waldrand des Landschaftsschutzgebietes Birkenhölzl.
- Zerstörung des barrierefreien Überganges aus den Wohngebieten in
die freie Landschaft; Abtrennen von wichtigen Naherholungsflächen.
Abzweig der Ortsumgehung nach Ellmosen
Blick auf die Trasse der Variante 2 Richtung Birkenhölzl,
südliche Anbindung
Nördliche Anbindung der Variante 2
Station 2: Nordumgehung/Variante 3
Der Trassenverlauf der Variante 3 liegt auf der bestehenden, asphaltierten
Dorfzufahrt von der Ortsumgehung Ellmosen Richtung Heimatsberg. Hier wird der
Drumlin von Heimatsberg angeschnitten und die gut als Radweg und
Naherholungsweg nutzbare Dorfzufahrt würde wegfallen.
- Der weitere Trassenverlauf nutzt die vorhanden Stromkabeltrasse durch das
Birkenhölzl (Blickachse zur Kirche Mietraching).
- Enormes Gefälle von Heimatsberg nach Mietraching. Der Drumlin von
Heimatsberg müsste angeschnitten werden.
- Die ,Panoramastraße" von Bad Aibling; Einmaliger Blick auf die
Alpenkette mit Wendelstein und Kaisergebirge und den Kirchturm von Bad Aibling
ist nur noch dem vorbeifahrenden ,,Durchgangsverkehr" vorbehalten.
- Postkartenmotiv von Bad Aibling mit Alpenkette (von Heimatsberg Richtung
Süden) würde von der Trassenführung durchschniften.
- Blick nach Maxlrain.
- Heimatsberg als höchste Erhebung am nördlichen Ortsrand vom Bad
Aibling bietet einen einmaligen Rundumblick über die Baumkronen hinweg auf
die Voralpenlandschaft mit seiner eiszeitlichen Hügellandschaft und die
Voralpenkette (Blickbeziehung nach Ellmosen, Bad Aibling, Mietraching und
Maxlrain):
Blick nach Norden entlang der Ortsumgehung nach Ellmosen; Blick auf den
Abzweig von Heimatsberg, Gehölz markiert; Anbindung der Variante 3
südlich von Heimatsberg
Panoramablick Alpenkette, Kirchturm Bad Aibling
Kabeltrasse mit Dorfkirche Mietraching (Variantenführung 3)
Station 4: Drumlinhügel nördlich Heimatsberg
Blick auf die Trasse der Variante 1 Richtung Westen: Verlauf der Trasse in
der Waldschneise mit Anbindung an den bestehenden Dorfverbindungsweg von
Holzhausen nach Heimatsberg.
- Auch hier nördlich von Heimatsberg ein herrlicher Blick auf die
Alpenkette. Man wünscht sich lieber eine Aussichtsbank als eine
Aussichtsstraße.
- Charakteristische Landschaft nördlich von Bad Aibling mit seinen
sanfthügeligen, eiszeitlich modellierten Drumlinfeldern wird hier
besonders gut sichtbar. Aus dieser Landschaft und den ebenen, weiten
Flächen des ehemaligen Seebeckens (Bsp. Weitmoos) setzt sich der Raum der
Stadt Bad Aibling zusammen. Die landschaftlichen Eindrücke, die sich im
Zusammenspiel mit der Voralpenkette ergeben, sind das wesentliche Kapital
unserer Stadt.
- Drumlinhügel nördlich von Heimatsberg wird angeschnitten.
- Von hier aus sieht man das Brauereigebäude von Maxlrain.
Trassenverlauf in der Schneise mit Anbindung auf den im Vordergrund
sichtbaren Weg von Holzhausen nach Heimatsberg
Blick nach Südwesten; im Vordergrund die vorhandene
Dorfverbindungsstraße Holzhausen - Heimatsberg
Blick Richtung Heimatsberg, Drumlinfeld mit Alpenkette
Blick nach Ellmosen
Station 5: Heimatsberg
Panoramablick auf die Alpenkette und die Stadt Bad Aibling.
- Zu Füßen des Drumlinhanges, mit Blick über die
Mangfalltaler Berge bis weit über den lrschenberg hinaus, verliefe die
Straße.
Dorfstraße von Heimatsberg mit Alpenblick, direkt unterhalb des
Verlaufs der Variante 3
Blick nach Südwesten, Trassenverlauf südlich von Heimatsberg
Station 6: Blick auf Variante 1 Süd
Kleine und große Waldparzellen sind gut verzahnt mit Feldern, Wiesen,
Einzelbäumen und Gehölzgruppen (abwechslungsreiche Landschaft, hohe
Strukturvielfalt). Ideale Landschaft für Naherholung.
Sichtbeziehung nach Mietraching
Station 7: Variante 1
Diese Variante verläuft teilweise auf einem bestehenden Feldweg direkt
am nördlichen Waldrand des Landschaftsschutzgebietes Birkenhölzl,
weiter südlich von NDF 1 und kreuzt den vorhandenen Naherholungsweg
entlang der Glonnauen.
- Sichtachse zur Dorfkirche Mietraching wird teilweise als Trassenverlauf
benutzt.
- Großzügige Durchschneidung der Glonnauen und damit des bislang
letzten ungestörten Zugangs der freien Landschaft von Bad Aibling aus bei
allen drei Varianten.
Trassenverlauf auf dem vorhandenen Feldweg Richtung Osten
Feldweg Richtung Westen (Glonn); Blick auf NDF - Vorschlag 1
(Nördliche Variante nördlich des vorhandenen Wäldchens)
Südliche Variante (südlich des vorhandenen Wäldchens)
Glonnauen westlich des Wäldchens, südlich des NDF - Vorschlags 1
mit Radweg
Radweg mit Blick auf den Trassenverlauf der Variante 1 (Ost)
Radweg; Trasse mit Blick auf Holzhausen
Sichtachse vom Feldweg zur Kirche Mietraching
Fazit
Der herausragende Wert und der einmalige Charakter der unversehrten
Landschaft zwischen Heimatsberg und Mietraching schließt Siedlungs- und
Verkehrswegebau in diesem Bereich aus.
Andere Verkehrskonzepte als der Bau einer Nordtangente sind zur Lösung der
Aiblinger Verkehrsprobleme auszuarbeiten und zu verwirklichen.
Übersicht
Trassenvarianten I, II, III