Antrag auf eine Pflanzenkläranlage

Der Stadtrat der Stadt Bad Aibling möge beschließen:

Der Bebauungsplanentwurf für das Baugebiet Nr. 62 "Eulenau" soll dahingehend geändert werden, daß anstelle einer Abwasserleitung mit Anschluß an die städtische Kläranlage eine Pflanzenkläranlage vorgesehen wird, mit deren Hilfe die anfallenden Ab- und Oberflächenwässer im Gebiet selbst gereinigt werden.

Erläuterung

Laut Bayerischem Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen ist die Reinigung häuslicher Abwässer von bis zu 500 Einwohnern mittels Pflanzenkläranlagen problemlos durchführbar. 1 Realisierte Anlagen, die seit fast 30 Jahren in Betrieb sind, beweisen dies. 2 Die Reinigungsleistungen entsprechen den mechanischen, biologischen und chemischen Stufen herkömmlicher Kläranlagen. Besonders bei der Abwasserreinigung von kleinen Einheiten im Außenbereich ist der Bau von Pflanzenkläranlagen angebracht. 3 Pro Einwohner ist eine Fläche von ca. 3,5 bis 5 qm notwendig. 4

Begründung des Antrages

Im vorliegenden Fall der Baulandausweisung sprechen einige Aspekte für den Bau einer Pflanzenkläranlage:

  1. Die hohen Kosten für die zwischen 5 und 6 km lange Abwasserleitung von der sogenannten "Kathreinwiese" zur städtischen Kläranlage sowie die hohen zu erwartenden Kosten für Pflege und Wartung entfielen (50-80% geringere Erstellungskosten als bei herkömmlichen Kläranlagen, 80% geringere Unterhaltungskosten; Antrag auf Zuschüsse aus Sonderprogrammen).
  2. Sämtliche Probleme im Zusammenhang mit Verwertung und Absatz von Klärschlamm entfielen.
  3. Diese Anlage könnte, wie im STEP vorgeschlagen, als Vorzeigeobjekt mit Modellcharakter bayern- und gar bundesweit Nachahmer anregen, ebenfalls diese umweltfreundliche Alternative zu unwirtschaftlichen Entsorgungssystemen herkömmlicher Art zu wählen.
  4. Eine Pflanzenkläranlage würde vom Charakter her ideal in die gewachsene Landschaft passen.
  5. Die Firma Kathrein profitierte vom positiven Image einer Pflanzenkläranlage.
  6. Die Stadt Bad Aibling leistete einen Beitrag zur "Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege" entsprechend des Auftrags der Städte und Gemeinden nach § 3 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes.
  7. Zudem wäre die Gefahr gebannt, daß sich weitere Industrieanlagen im Willinger Weitmoos ansiedelten. Die Stadt würde mit dieser Entscheidung dafür Sorge tragen, daß die Ausweisung weiterer Flächen unterbunden wird.

Bad Aibling, den 21. Mai 2000

Heidi Benda Stadträtin
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Erläuterungen zur Thematik der Pflanzenkläranlagen

Entstehung

Das aus der Abwasserversickerung weiterentwickelte Verfahren der Pflanzenkläranlagen verwendet Röhrichtpflanzen (Schilf, Binsen, Schwertlilien), die in wassergesättigten Böden leben können, da sie Sauerstoff über ihre Halme in die Wurzeln leiten. 5

In Unterscheidung zu technischen Kläranlagen soll in ihnen das Abwasser ohne künstliche Belüftung, also Sauerstoffzufuhr, durch die Bodenpassage gereinigt werden. 6

Das Abwasser fließt horizontal durch den speziell hergestellten Bodenfilter, der gegen den Untergrund künstlich abgedichtet ist. 7

Reinigungsleistung

Das Abwasser wird einmal durch die mechanische Filterung des Bodens und des Wurzelwerkes gereinigt, vor allem aber durch die in den Filterschichten vorhandenen Mikroorganismen. 8

Sie siedeln sich im Bereich der Wurzeln vermehrt an. Die Röhrichtpflanzen besitzen nämlich weitmaschige luftgefüllte Gewebe, die bis zu den Wurzeln hinunterreichen. Hier findet also Transport von Sauerstoff zu den Wurzeln und von dort Abgabe an die nähere Umgebung statt. Es entsteht eine engmaschige Struktur aerober und anaerober Zersetzungsprozesse. 9

Der Boden weist demnach eine sehr hohe Bakteriendichte auf, mit der die Abwasser-Inhaltsstoffe ebenso wie bei der biologischen Stufe einer konventionellen Kläranlage abgebaut werden. 10

Bestimmte Bodenminerale wie Eisen werden derart aktiviert, daß sie Phosphate binden und somit ähnlich wie eine chemische Reinigungsstufe arbeiten. 11

Bodenbakterien bauen Stickstoffverbindungen bis zum Luftstickstoff um, und die Pflanzenkläranlage gibt den Stickstoff an die Luft ab. 12 So wird bei der Denitrifikation bis zu 93 % des eingeleiteten Stickstoffs entfernt. Auch im Winter ist die Entsorgungsleistung durch die höhere Temperatur des Abwassers, die Prozeßwärme durch die Bakterientätigkeit und das Röhricht als wärmeisolierende Schicht gesichert. 13

Bepflanzung

Zur Bepflanzung sind verschiedene Pflanzen geeignet:

Phragmites communis (Schilf)
Typha latifolia (Breitblättriger Rohrkolben)
Juncus effusus (Flatter-Binse)
Juncus inflexus (Blaugrüne Binse)
Iris pseudacorus (Wasser-Schwertlilie)
Iris versicolor (Verschiedenfarbige Schwertlilie)
Eleocharis palustris (Gemeine Sumpfsimse)
Schoenoplectus lacustris (Gemeine Teichsimse)
Glyceria aquatica (Wasser-Schwaden) 14


1. Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen: "Wasserland Bayern, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Bayern", München, Juli 1999

2. Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen: "Wasserland Bayern, Nachhaltige Wasserwirtschaft in Bayern", München, Juli 1999

3. Dr. Gerhard Dafner: ,Die Pflanzenkläranlage" in : "Ökohaus + Naturgarten Würzburg", Hrsg. Projektgruppe Ökohaus/Naturgarten, Schmidt Verlag, Würzburg 1990, S. 48

4. D. Popp: "Wurzelraum - die Alternative zu Energie und Technik in der Abwasserreinigung"

5. Dr. Gerhard Dafner: "Die Pflanzenkläranlage" in : "Ökohaus + Naturgarten Würzburg", Hrsg. Projektgruppe Ökohaus/Naturgarten, Schmidt Verlag, Würzburg 1990, S. 48

6. Hrsg. Umweltbundesamt Fachgebiet "Umweltaufklärung": "Was Sie schon immer über Wasser und Umwelt wissen wollten", Verlag Kohlhammer, Stuttgart " Berlin " Köln " Mainz, Juli 1987

7. Dr. Gerhard Dafner: "Die Pflanzenkläranlage" in : "Ökohaus + Naturgarten Würzburg", Hrsg. Projektgruppe Ökohaus/Naturgarten, Schmidt Verlag, Würzburg 1990, S. 48

8. Hrsg. Umweltbundesamt Fachgebiet "Umweltaufklärung": "Was Sie schon immer über Wasser und Umwelt wissen wollten", Verlag Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz, Juli 1987

9. D. Popp: "Wurzelraum - die Alternative zu Energie und Technik in der Abwasserreinigung"

10. Dr. Gerhard Dafner: "Die Pflanzenkläranlage" in : "Ökohaus + Naturgarten Würzburg", Hrsg. Projektgruppe Ökohaus/Naturgarten, Schmidt Verlag, Würzburg 1990, S. 48

11. Dr. Gerhard Dafner: "Die Pflanzenkläranlage" in : "Ökohaus + Naturgarten Würzburg", Hrsg. Projektgruppe Ökohaus/Naturgarten, Schmidt Verlag, Würzburg 1990, S. 48 und D. Popp: "Wurzelraum - die Alternative zu Energie und Technik in der Abwasserreinigung"

12. Dr. Gerhard Dafner: "Die Pflanzenkläranlage" in : "Ökohaus + Naturgarten Würzburg", Hrsg. Projektgruppe Ökohaus/Naturgarten, Schmidt Verlag, Würzburg 1990, S. 48

13. D. Popp: "Wurzelraum - die Alternative zu Energie und Technik in der Abwasserreinigung"

14. D. Popp: "Wurzelraum - die Alternative zu Energie und Technik in der Abwasserreinigung"