Mitglieder des Bund Naturschutz gründen wieder Ortsgruppe in Bad Aibling (14.2.2001)


Nach letztlich erfolgreichem Widerstand vieler engagierter Aiblinger Bürger, der Umweltguppe Bad Aibling und des Bundes Naturschutz (BN) auf Landes- und Kreisebene gegen die geplante landschaftszerstörende Industrieansiedlung Kathrein im Willinger Weitmoos wurde dieser Motivationsschub zur Neugründung einer Ortsgruppe des BN in Bad Aibling genutzt.

Am Ende der gut besuchten Gründungsveranstaltung wurde ein sechsköpfiger Vorstand gewählt:
1. Vorsitzender: Jürgen Hülße
2. Vorsitzende: Anita Fuchs
Schatzmeisterin: Corinna Flemming
Schriftführer: Dieter Fuchs
Beisitzerin: Mirl Schreiner-Bernlochner
Beisitzer: Gerald Gries

Der Einladung waren neben Mitgliedern und interessierten Bürgern auch der zweiter Bürgermeister Felix Schwaller und die Stadträte Benda, Gartmeier, Gries, Lechner, Poitsch und Regensburger gefolgt.

In seiner Begrüßung zeigte sich der Kreisvorsitzende des BN, Ernst Böckler, erfreut, dass die immerhin 204 BN-Mitglieder in Bad Aibling, nun in einem Ortsverein organisiert, zukünftig besser Einfluss auf die kommunale Politik und damit auf die Lebensqualität in und um die Stadt werden nehmen können. Er lobte die Zusammenarbeit mit der Umweltgruppe Bad Aibling im Fall Kathrein, bei der Mitarbeit zum Stadtentwicklungsplan, dem Landschaftspflegeprogramm und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie.
Naturschützer müssten sich organisieren war sein Credo, um den Wertewandel hin zu mehr Ökologie, weg vom Primat der Wirtschaft mitzugestalten.

Sowohl der traditionelle Naturschutz mit Arten- und Biotopschutz, mit Gemütswerten wie der Liebe zur Heimatlandschaft wie auch die wissenschaftliche Fraktion mit den Themen: Bewältigung der großen ökologischen Krisen etwa der Klimaerwärmung, der Erhaltung der Lebensgrundlagen auf dem Planeten, der Nachhaltigkeit des Wirtschaftens und des Ressourcenschutzes - der Agenda 21 seien gleichermaßen das Betätigungsfeld des BN.
Eine Wende sei auch in der Landwirtschaft nach der BSE-Krise zu forcieren, hin zur ökologischen Landwirtschaft, denn diese diene nicht nur der gesunden Ernährung sondern auch dem Landschafts- und Ressourcenschutz, insbesondere dem Boden- und Wasserschutz. Das Ziel des sparsameren Flächenverbrauches sei auch vor dem Hintergrund des größeren Flächenbedarfs für extensivere Landwirtschaft zu sehen.

Damit war die Überleitung zum Referenten des Abends Herrn Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesbeauftragter und agrarpolitischer Sprecher des BN, gegeben, der einen engagierten und ausführlichen Vortrag über die aktuelle Situation in der Landwirtschaft hielt.

Weiger dankte den Aiblingern für ihren Einsatz gegen die Ansiedlung von Kathrein im Willinger Weitmoos. Beispielgebend für Bayern seien Gemeinwohlbelange wie der Schutz der freien Landschaft und der Heimat gegen allgemein dominierenden Egoismus und Materialismus verteidigt worden.

Bezugnehmend auf die BSE-Krise betonte Weiger, die Tragik der derzeitigen Situation läge darin, dass statt der nationalen und internationalen Futtermittelindustrie die bäuerliche Landwirtschaft an den Pranger gestellt werde. Futtermittelproduktion sei mittlerweile eine ,intelligente" Art der Abfallentsorgung. Weiger forderte eine Positivliste für Futtermittelinhaltsstoffe. Die derzeit existierende Negativliste erlaube der Futtermittelindustrie all jene Stoffe beizufügen, die nicht in der Liste enthalten sind. Somit könne etwa Altöl dem Futtermittel beigemischt werden, ohne gegen geltende Bestimmungen zu verstoßen. AN der Landwirtschaft werde heute mehr verdient als IN der Landwirtschaft, betonte Weiger. Das vorherrschende Kostenminimierungsprinzip müsse durch das Kostenwahrheitsprinzip ersetzt werden.

In der Bundespolitik habe man sich mittlerweile die Ansichten des BN zu Eigen gemacht. In diesem Zusammenhang lobte Weiger auch die Ankündigung des bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber, 600 Millionen DM in den nächsten Jahren für artgerechte Tierhaltung und ökologische Landwirtschaft bereitzustellen.

Die Agrarwende werde der Schwerpunkt der Verbandsarbeit des Bund Naturschutz in den nächsten Jahren sein, so Weiger. Notwendig sei eine landschaftsverträgliche Landwirtschaft und ein anderer Umgang mit unserer knappesten Ressource, dem Boden.

Aufgrund der Sensibilisierung der Bevölkerung durch die BSE-Krise könne in den nächsten Jahren mehr erreicht werden als in den vergangenen Jahrzehnten.