Über Stock und Stein


Exkursion in die Umgebung von Berbling - im Zeichen des "Jahres der Berge" in die Schluchten und an die Hänge zwischen Berbling und Irschenberg

Im kühlen Pfaffinger Graben sehen wir die typischen Frühblüher des Tannen-Buchen-Waldes, erkunden die Spuren der ursprünglich keltischen Stiegelburg und werden die noch gut sichtbaren Geländeformen der Hochäcker, einer frühen Ackerbaukultur, entdecken.

Natürliche Grundlagen: Geologie - Geomorphologie - Vegetation

Aus dem "Landschaftsplan der Stadt Bad Aibling", PLANUNGSBÜRO TIETZ, München 1980 bis 1983

Die Gemeinde Bad Aibling liegt im Naturraum Inn-Chiemsee-Hügelland, das den vom Inngletscher während der letzten Eiszeit geprägten Teil der Zone des Voralpinen Hügel- und Moorlandes darstellt. Das Gemeindegebiet hat Anteil an einer Vielzahl verschiedener naturräumlicher Einheiten; sie gehören der Stammbecken- und Grundmoränen-Zweigbeckenzone des ehemaligen Inngletschers an. Der Gletscher und später der Inn mit seinem zentralalpinen Nährgebiet beeinflussten die Böden hin zu einem erhöhten Silikat- bzw. Tonanteil. Demgemäß überwiegen auch schwere, wasserhaltende Bodenarten, was auch die artenmäßige Zusammensetzung der Lebewelt mitbestimmt.

Das Stammbecken als Hauptschürfbereich des Gletschers wurde vor etwa 18.000-16.000 v. Chr. eisfrei. Nach dem Schwinden des Eises lag sein Boden erheblich tiefer als der der Nachbarschaft; er zog daher eine Anzahl von Flüssen an, die vorher gegen Norden oder Nordosten flossen. Das gilt für Mangfall, Leitzach, Glonn und einige mehr. Teilweise machten sie in markanten Knien einfach kehrt und strebten dem freigelegten Rosenheimer Becken zu, geradezu wieder zurück in Richtung auf das Gebirge. Es entstand ein ganz merkwürdiges, spinnennetzartiges Flussnetz, wie es ja gerade bei Rosenheim heute noch vorhanden ist. Die gewaltigen Schmelzwassermassen des Inngletschers sammelten sich zunächst in seinem Stammbecken. Wie tief das Rosenheimer Becken vom Gletscher ausgehobelt wurde, erahnen wir heute nicht mehr. In große Tiefen hinein ist es nämlich von spät- und nacheiszeitlichen und teils vielleicht noch älteren Seetonen, Sand und Schotter erfüllt, die an der Oberfläche ebene Flächen bilden. Diese Massen entstammen einem ehemaligen, schon längst wieder abgelaufenen Rosenheimer See. Der Rosenheimer See erfüllte das Becken für einen Zeitraum von mindestens 6.000 Jahren. Er spiegelte in einer Höhe von etwa 478 m ü. NN. Im Gemeindegebiet finden sich bis zu einem Niveau von etwa 470 m ü. NN seine Tonsedimente, die aus der eingeschwemmten zentralalpinen Gletschertrübe stammen. In Kolbermoor erreichen diese Tonschichten eine Mächtigkeit von etwa 150 m.

Die größten Höhenlagen auf dem Gebiet der Stadt Bad Aibling treten im Au-Staudhausener Hügelland auf (höchster Punkt 574,5 m zwischen Mainz, Westen und Weg). Es ist im weiteren Sinn Bestandteil des tertiären Vorgebirges um Irschenberg. Der Sockel aus tonigen bis verfestigten sandig-mergeligen Gesteinen der Oberen (miozänen) Süßwassermolasse ist aber nur in den Erosiongräben aufgeschlossen, die das ansonsten ausgeglichene Relief immer wieder unterbrechen und beleben. Da sie als wasserführende Schicht fungieren sind hier Quellaustritte verbreitet. Das gesamte übrige Gelände wird von Grundmoränen überdeckt. Gegenüber dem endmoränen gekrönten eigentlichen Bergland um Irschenberg bleibt das Au- Staudhausener Hügelland auch höhenmäßig erheblich zurück. Die Grenze dazu stellt das Tal des Pfaffinger Baches dar, das sicher ebenso wie die breite Talmulde des Weiherbaches zwischen Berbling und Fachendorf tektonischen Ursprunges ist.

Böden, Substrat: Parabraunerden, Hang- und Anmoorgley, in den Gräben auch Pararendsina
Ursprüngliche und potentielle natürliche Vegetation: Hainsimsen- und Waldmeister-Tannen-Buchenwald.

Tannen-Buchenwälder müssen als die wichtigsten Vegetationseinheiten auf Mineralböden innerhalb der ursprünglichen und in noch größerem Umfang der potentiellen natürlichen Vegetation angesehen werden. In der realen Vegetation werden sie jedoch nur mehr von einigen gestörten kleinen Restbeständen im Au-Staudhausener-Hügelland vertreten, die auf quelligen Unterhängen oder Steilhängen stocken, also auf Wuchsorten die auch für Tannen-Buchen-Wälder eher Extreme darstellen.

Die Überlebenschancen der letzten Tannen-Buchen-Wälder sind leider äußerst gering.
Die Waldgesellschaft relativ trockener, stabiler, nur mäßig geneigter Oberhanglagen ist der bodensaure Hainsimsen-Tannen-Buchen-Wald, die der Unterhänge der artenreichere Waldmeister-Tannen-Buchen-Wald, der stellenweise ausgeprägte Tendenzen zum randalpinen Hainlattich-Tannen-Buchen-Wald zeigt.

Der Ausfall der Weißtanne hat besonders auf schweren Böden, wo sie Fichte und Buche überlegen ist, ökologisch wie forstwirtschaftlich schwerwiegende Folgen. Durch ihr Senker-Wurzelwerk, das sie selbst in dichten, sauerstoffarmen und feuchten Tonböden auszubilden vermag, vermindert sie die Rutschgefahr in steilen Hanglagen (besonders wichtig in den Grabeneinschnitten), ist im Gegensatz zur dort nur flache Wurzelteller ausbildenden Fichte nicht windwurfgefährdet und ermöglicht durch das Eindringen des Wurzelwerkes auch in tiefere Bodenschichten eine bessere Bodenausnutzung. Die abgefallene Nadelstreu zersetzt sich viel leichter als die Fichtennadeln. Eine Verschlechterung der Bodenqualität findet daher ebenso wenig statt wie eine Erhöhung des Oberflächenabflusses bei stärkeren Regengüssen. Das Gesagte gilt nicht nur für das Au-Staudhausener-Hügelland, sondern auch Seetonböden und stark verdichtete Geschiebemergel der Grundmoränenzone.
Insgesamt läuft die Entwicklung also heute zwangsläufig zu Fichtenmonokulturen, deren negative Auswirkungen hinlänglich bekannt sind (besonders relevant: Verschlechterung der Bodenqualität durch saure Nadeln, erhöhte Erosionsgefahr durch oberflächliches Wurzelwerk, beschleunigte Ableitung von Niederschlagswasser durch bodendeckende Nadelschicht, Windwurfgefahr und Anfälligkeit gegenüber Schadinsekten, reduziertes Nahrungsangebot für das Wild, ausgeprägte artenmäßige Verarmung.

Artenliste

Abies alba - Tanne,
Anemone nemorosa - Buschwindröschen,
Asarum europaeum - Haselwurz,
Daphne mezereum - Seidelbast,
Dentaria enneaphyllos - Quirlblättrige Zahnwurz (Bergpflanze),
Eunonymus latifolia - Breitblättriges Pfaffenhütchen (Bergpflanze),
Fagus sylvatica - Rotbuche,
Galium odoratum - Waldmeister,
Hedera helix - Efeu,
Heleborus niger - Schneerose,
Hepatica nobilis - Leberblümchen,
Huperzia selago - Tannenbärlapp (Bergpflanze),
Lamium galeobdolon - Goldnessel,
Maianthemum bifolium - Schattenblümchen,
Mercurialis perennis - Wald Bingelkrau,
Oxalis acetosella - Sauerklee,
Paris quadrifolia - Einbeere,
Petasites albus - Weiße Pestwurz (Kalkschuttzeiger), Picea abies - Fichte,
Polystichum lonchitis - Lanzen Schildfarn (Kalkschuttzeiger),
Prenanthes purpurea - Hasenlattich,
Primula elatior - Hohe Schlüsselblume,
Pulmonaria officinalis - Geflecktes Lungenkraut,
Ranunculus ficaria - Scharbockskraut,
Sorbus aria - Mehlbeere (Bergpflanze),
Viola reichenbachiana - Wald-Veilchen

Unterstrichen sind die typischen Arten der erwähnten Waldgesellschaften.

Erklärung der Bodenarten

Parabraunerde: Durch den Prozess der Tonverlagerung gekennzeichnet; Oberboden an Ton verarmt, unterschiedliche Mächtigkeiten; Eluvialhorizont durch fahle Farbe gekennzeichnet, Bodenart schwankt nach Ausgangsmaterial; Horizont: A-E-BT-C

Gley: Dunkelbrauner humoser Oberboden, Oxidationshorizont rostbraun, stark eisenfleckig, Reduktionshorizont; entstehen durch die Einwirkung von hochstehendem Grundwasser in Senken und Talböden; A-Horizont oft mächtiger als 25 cm, Humusform von Mull, Anmoorhumus bis Moder, nass bis feucht; Horizont: A-Go-Gr

Rendsina: Tiefschwarzer humoser Oberboden, sehr flachgründig, bis 30 cm mächtig, helles reines Kalkgestein als Ausgangsmaterial; extreme Wasserverhältnisse; Horizont: A-C


Stiegelburg und Hochäcker

Vermutlich wurde die Stiegelburg bereits von den Kelten als Fliehburg angelegt, ganz sicher ist man sich aber nicht. Gesichert ist, dass die Burganlage von den Römern und später wahrscheinlich auch von den Bajuwaren benutzt wurde - eine Lanzenspitze, vier römische Kupfermünzen und Gefäßscherben fand man bei Ausgrabungen. Wahrscheinlich diente die Burg bis ins Mittelalter zur Überwachung der Straße, die von Au über Dettendorf und Berbling nach Vagen verlief. Wann die mittelalterliche Burganlage zerstört wurde wissen wir nicht. In lokalen Chroniken ist überliefert, dass die Steine der Burg zum Aufbau des Pullacher Schlosses und des Westerhamer Kirchleins verwendet wurden. Heute ist vom Mauerwerk der Stiegelburg nichts mehr zu sehen, lediglich die Burgräben und Bodenformen lassen erahnen, wo sich die Burg früher befand.

In unmittelbarer Nähe zur Stiegelburg sind noch ganz deutlich die Strukturen von Hochäckern zu sehen - einer frühen Form des Ackerbaus. Wie alt genau diese Äcker sind, ob aus dem Mittelalter oder noch viel früher, weiß man nicht.
Über die Hochäcker allgemein lässt sich sagen, dass sie mit dem Beginn der Eisenzeit vor etwa 2700 Jahren erschienen sind. Zu diesem Zeitpunkt änderte sich die Technik des Pflügens. Man war in der Lage, Pflugscharen zu konstruieren, die den Boden nach einer Seite wendeten und nicht nur bloß auflockerten. Dies hatte zur Folge, dass möglichst langgestreckte Ackerflächen angelegt wurden, denn man wollte den Pflug nicht so oft wenden. Da immer zur Ackermitte hin gepflügt wurde, entstanden als Folge langgestreckte hügelige Ackerflächen.
Die Strukturen der Hochäcker bei der Stiegelburg konnten sich deshalb so lange erhalten, weil die Fläche bewaldet ist. Im Falle von Weide- oder Ackerland wären diese Strukturen längst verschwunden.