Stellungnahme zum geplanten "Gewerbepark Markfeld"


Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. gibt zum Bebauungsplan Nr. 71 "Gewerbepark Markfeld" sowie zur Änderung des Flächennutzungsplans in diesem Bereich folgende Stellungnahme gemäß §29 BNatSchG ab:

Der Bund Naturschutz lehnt den Bebauungsplan und die entsprechende Flächennutzungsplanänderung "Gewerbegebiet Markfeld" ab!


Umweltverträglichkeitsprüfung UVP

Es ist zur rechtlichen Absicherung des Planungsverfahrens zu prüfen, ob das Vorhaben nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) als prüfungspflichtig zu beurteilen ist.

Landesplanung und Siedlungsentwicklung

Das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) fordert in zahlreichen Zielvorgaben die Verhinderung weiterer Landschaftszersiedelung und bodensparende Formen bei der gewerblichen Entwicklung. In der "Bayern Agenda 21" haben sich die Bayerische Staatsregierung und der Deutsche Bundestag, in seinem Beschluss vom 29.6.1994, zum Leitbild der "Nachhaltigen Entwicklung" bekannt.

Insbesondere über die Gesamtfortschreibung des LEP, 1.4.2003, wurden die Beschlüsse des Bayerischen Landtages zur Verringerung des Flächenverbrauchs über die Zielsetzung in der Raumordnung an die Bauleitplanung der Kommunen weitergegeben. So soll zur Verringerung der Inanspruchnahme von Grund und Boden vorrangig die Innenentwicklung einschließlich der Umnutzung von brachliegenden ehemals baulich genutzten Flächen, insbesondere von Militär, verstärkt werden.

Der Regionalplan Südostoberbayern betont im Teil "Entwicklungsachsen" den Entwicklungsschwerpunkt Fremdenverkehr und Gesundheitsvorsorge für Bad Aibling als Heilbad und Gesundheitsstandort ausdrücklich (Teil III 1.3). Die Entscheidung über die Lage von Gewerbegebieten für produzierendes Gewerbe muss deshalb gegenüber den gewachsenen Schwerpunktfunktionen im Gesundheitsbereich besonders kritisch abgewogen werden.

Die vorteilhafte Lage Bad Aiblings im Alpenvorland lässt sich nur durch besondere Anstrengungen im Landschaftsschutz und in der Landschaftspflege wirklich nutzen. Im Hinblick auf die Krise des alten Moorheilbades und die anstehende Neuorientierung als moderner Gesundheitsstandort mit Wellnessangebot ist es töricht, die Lagegunst und den Erholungswert der umgebenden Landschaft als bedeutende Standortvorteile zu vernachlässigen. Stadt und Kurverwaltung stehen bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe bestenfalls gerade am Beginn. Mit mehr Engagement und viel Sensibilität muss hier verstärkt angepackt werden. Nicht zuletzt haben an einer attraktiven stadtnahen Landschaft die Aiblinger Bürger selbst den größten Nutzen und Genuss.

Oberbayern, und hier speziell das Mangfalltal mit Aibling, gehört zu den stark wachsenden Regionen in Bayern. Wenn in Bayern im Jahr 2000 der Flächenverbrauch insgesamt bei 28,4 ha/Tag lag, dann dürfte dieser Durchschnittswert im Mangfalltal im Verhältnis noch weit übertroffen worden sein. Ob die Reduzierung des Flächenverbrauchs auf derzeit 20,5 ha/Tag bayernweit entsprechend auch für unsere Region gilt darf bezweifelt werden. Nach zahlreichen siedlungspolitischen Fehlentwicklungen im Mangfalltal, die zu übermäßigem Flächenverbrauch und grenzenlos ausufernden, an vielen Stellen ineinander fließenden, Siedlungen geführt haben, müssen die Grundsätze und Leitbilder zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung endlich beachtet und konsequent umgesetzt werden.

§1a Baugesetzbuch "Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden" reglementiert die kommunale Planungshoheit. Auch die Stadt Bad Aibling bekennt sich im einstimmig im Jahr 2000 beschlossenen Stadtentwicklungsplan zum sparsamen Umgang mit der knappen Ressource Boden in Bezug auf die Stadtentwicklung und erklärt grundsätzlich den Verzicht auf die Neuausweisung von Außenbereichsflächen stattdessen sollen vornehmlich innerstädtische Reserven und insbesondere Brachen aktiviert werden (STEP, Abschnitt 6.1, Seite 205).
Zwar wird das Markfeld auch im STEP als Bereich für ein grundsätzlich notwendiges Gewerbegebiet genannt, allerdings war zu dem damaligen Zeitpunkt die Auflösung der US-Kaserne nicht absehbar (STEP Seite 229).

Angesichts des erst im letzten Jahr bekannt gewordenen Auflösungsbeschlusses der amerikanischen NSA-Station unmittelbar neben dem Markfeld besteht nun unbedingt Anlass, eine Verlagerung der Gewerbegebietsplanung in diesen Bereich anzustreben. Die neu eröffnete Möglichkeit einer Konversionslösung auf dem derzeitigen Militärgelände (134 ha) bietet neben der Flächeneinsparung (13 ha landwirtschafliche Fläche) auch den Vorteil, dass der verbliebene unbesiedelte Freiraum zwischen dem Markt Bruckmühl, OT Heufeld und der Stadt Bad Aibling, somit auch klare, sichtbare Ortsgrenzen, bewahrt werden können.

Die enorm aufwendige und flächenverbrauchende Erschließung des Gewerbegebietes zur Staatsstraße 2078 in "Trompetenform" ist ein zusätzlicher Negativfaktor, der für die Verlagerung auf das Militärgelände spricht.

Angesichts der genannten politischen Rahmenrichtlinien und der offensichtlichen ökologischen Vorteile ist ein Mehraufwand an Planung und Kosten sowie eine Verzögerung des Ausweisungsverfahrens für ein Bad Aiblinger Gewerbegebiet hinzunehmen, wenn durch eine Umnutzung der Militärflächen die Neuausweisung "Markfeld" entbehrlich wird.

Es empfiehlt sich zu prüfen, ob für eine modellhafte Entwicklung eines eventuell auch interkommunalen Gewerbegebietes auf Teilen des Mietrachinger Kasernengeländes Planungszuschüsse des Freistaats in Anspruch genommen werden können.

Naturräumlicher Wert – Landschaftsschutz

Das untere Mangfalltal ist durch Siedlungs- und Gewerbeentwicklung der Kommunen, durch dichte Verkehrswege, Fließgewässerverbauung und Intensivlandwirtschaft in einer Form, nach ökologischen Maßstäben gemessen, übernutzt und verarmt, dass verbliebene Freiräume im Außenbereich zukünftig dringend geschont und mit naturnahen Landschaftselementen des Naturraumes wieder angereichert werden müss(t)en.

Arten- und Biotopschutz

Gegen die Ausweisung „Gewerbepark Markfeld“ stehen aus Sicht des Naturschutzes ornithologische Schutzgründe.
Der Bereich gehört zum Lebensraum gefährdeter Arten:

Wiesenschutz bedeutet für diese Arten Schutz des Lebensraumes als Nahrungs oder potentielles Brutbiotop.
Jeder aufmerksame Aiblinger hat die Weißstörche im Mangfalltal schon beobachtet, auch auf den Wiesen um Aibling, Mietraching, Willing, Berbling, Thürham, Ellmosen, Holzhausen. Mäuse stehen auf dem Speiseplan. Kiebitze, auffällige Flugkünstler, sind regelmäßig am Westkreisel zu sehen. Wesentlich seltener ist der Einzelgänger Schwarzstorch zu beobachten. Sein Bestand breitet sich bayernweit in den letzten Jahren wieder aus. Trotzdem ist er aufgrund seiner versteckten und scheuen Lebensweise (Waldbrüter) kaum zu sehen. Für Aibling ist der Schwarzstorch aufgrund eigener Beobachtung nachgewiesen.

Silberreiher sind zunehmend bei uns zu beobachtende Gäste. Da sie sich nicht bei uns vermehren, werden sie nicht in den Roten Listen aufgeführt. Der zunehmende Bestand ist möglicherweise durch die Klimaveränderungen bedingt. Sie bedienen sich wie die Graureiher vom großen Mäuseangebot der Wiesen.

Wir würdigen die sorgsame und gute Ausführung des Bebauungsplanes und der zugehörigen Grünordnung als besonders gelungen und hochwertig.
Dennoch können die aufgeführten Nachteile der Situierung des Gewerbeparks auch durch die vorliegende gute Planung aus der Sicht des Naturschutzes nicht ausgeglichen werden.
Eine ebenso anspruchsvolle Planung lässt sich gegebenenfalls auch auf dem zu überplanenden Kasernengelände erreichen.

Mit freundlichem Gruß

i.A. Anita Fuchs
Bund Naturschutz, Ortsgruppe Bad Aibling